Kate Allen räumt mit 3 Ernährungsmythen im Sport auf

Ich habe mir 3 Ernährungsmythen - "training on empty stomach", "Koffein stimuliert den Fettstoffwechsel" und "Proteinshakes direkt nach dem Training machen keinen Sinn" - für Sie angesehen und sie aus einigen Perspektiven, vor allem aber aus jener des Sportlers, betrachtet.

1. BEHAUPTUNG: "TRAINING ON AN EMPTY STOMACH WILL IMPROVE YOUR FAT METABOLISM" 

LANGFRISTIG IST DAS FALSCH! Es ist immer noch nicht ganz unüblich, dass Sportlern geraten wird, im nüchternen Zustand, beispielsweise vor dem Frühstück, eine längere, weitgehend kohlenhydratfreie Trainingseinheit zu absolvieren.

VERBRENNT MAN MEHR FETT?

Einer der Gründe, warum Athleten überhaupt im nüchternen Zustand trainieren, ist es mehr Fett zu verbrennen. Grundsätzlich stimmt es, dass man bei Fettstoffwechsel-Belastungen nüchtern mehr Fett und weniger Kohlenhydrate verbrennt. Aber ...

  • es bedeutet noch lange nicht, dass  man über einen längeren Zeitraum mehr Körperfett verliert. Und im Sport zählt eigentlich nur Nachhaltigkeit und Konstanz.
  • nur weil man vor und während eines Trainings keine oder wenige Kalorien aufnimmt, bedeutet das nicht, dass sich auch der Fettstoffwechsel verbessert.
  • man kann vor dem Training zumindest Protein aufnehmen, denn wenn man vor dem Training, etwa zum Frühstück etwas Protein (ohne Kohlenhydrate) zu sich nimmt, z.B. einen Proteinshake oder Skyr mit etwas Proteindrink S-CARB, dann verbrennt man während des Trainings genauso viel Fett wie nüchtern.

> Mehr dazu: Skyr ist vielleicht das beste Frühstück für Sportler

LEISTET MAN NÜCHTERN WENIGER?

Ob man nüchtern wirklich weniger leistet, das hängt nicht zuletzt von der Länge und natürlich von der Intensität des Trainings ab. Eine Meta-Analyse [1] zeigt, dass es vor allem von der Länge der Belastung abhängt.

BEI KURZEN BELASTUNGEN BLEIBT DIE LEISTUNG UNBEEINFLUSST

Ist die Belastung kürzer als 1 Stunde, dann bleibt die Leistung lt. der Studienergebnisse weitgehend unbeeinflusst, egal ob man vorher isst oder nicht. Dies gilt allerdings nur für sehr gut trainierte Athleten für eine maximal 1-stündige Trainingseinheit, dafür aber auch für die Intervalltrainingskapazität, also für intensive Trainings. Aber ...

  • je länger die Belastung dauert, desto schlechter werden die Trainingsleistungen im nüchternen Zustand.
  • intensive Trainings ohne vorher Kohlenhydrate aufzunehmen, wirken sich negativ auf die Regeneration aus. Dauern nämlich intensive Sets länger als eine Stunde, dann beeinträchtigt das Weglassen von Kohlenhydraten die Regeneration. Der Körper muss sich dann in diesen Fällen die Energie oftmals aus Aminosäuren holen und das beeinträchtigt vor allem die Muskulatur.

FAZIT: Aus meiner Sicht macht es keinen Sinn nüchtern zu trainieren, schon gar nicht wenn die Belastung intensiv oder länger ist. Für trainierte Athleten sollte es bei kürzeren Belastungen keinen Leistungsunterschied machen und hier sehe ich vielleicht einen kleinen Vorteil, denn mit leerem Magen fühlt man freilich etwas besser. Insgesamt denke ich aber dass man sich stets ums richtige Fueling kümmern sollte. Langfristig sind die Trainings besser und die wichtige Regeneration garantiert.

> Mehr dazu: Training - managen Sie Ihre Energie

2. BEHAUPTUNG: "KOFFEIN STIMULIERT DEN FETTSTOFFWECHSEL"

RICHTIG, ABER ...

Ja, Koffein trägt dazu bei Fettreserven zu mobilisieren. Neuere Arbeiten des ACSM an gut trainierten Athleten haben gezeigt, dass

  • Koffein leistungssteigernd wirken kann. Es steigert Schnelligkeit, Kraft und vor allem aerobe Ausdauerleistungen. Durch einen verbesserten Fettstoffwechsel werden darüber hinaus die muskulären Glykogenspeicher geschont.
  • Koffein die subjektive Wahrnehmung von Anstrengung während sportlicher Belastungen reduziert. Das bedeutet für Sportler, dass sie länger, intensiver und vor allem konzentrierter trainieren können.
  • Koffein dabei helfen kann die Regeneration nach dem Training zu beschleunigen. Laut der American Physiological Society hilft Koffein konkret dabei den Muskelglykogenwert nach dem Training zu steigern. Dies war 4 Stunden nach Trainingeende der Fall, ob das auch Auswirkungen auf längere Regenerationszeiten hat, bleibt offen. Hier wurde ein Kohlenhydratgetränk mit Koffein mit einem ohne zusätzlichem Koffein verglichen. Die Gruppe, die das koffeinhaltige Kohlenhydratgetränk nach dem Training zu sich nahm, hatte darüber hinaus höhere Blutzucker- und Plasma-Insulinwerte. 

NUR ...

  • jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Koffein. Koffein kann gastrointestinale Beschwerden, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Muskelkrämpfe, aber auch Dehydrierung und Angstzustände verursachen. 
  • Koffein beeinflusst die Schlafqualität und verschlechtert damit wieder die Regeneration.
  • Koffein führt zur "Rebound exhaustion", das sich am besten mit "Ermüdungsrückschlag" oder "Rückfallerschöpfung" ins Deutsche übersetzen lässt. Beide Begriffe beschreiben ganz gut den Zustand erhöhter Müdigkeit, der eintritt, nachdem die stimulierende Wirkung von Koffein nachlässt und die angesammelte Müdigkeit (durch das blockierte Adenosin) das Gehirn überflutet.

FAZIT: Insgesamt kann man Koffein smart und gut dosiert einsetzen und so einen Nutzen fürs Training daraus ziehen. Ich verwendete es beispielsweise vor meinem zweiten oder dritten täglichen Training, etwas vor einer soliden Schwimmeinheit am späten Nachmittag.

DER PREIS DES KOFFEINS

Der Preis des Koffeins ist möglicherweise schwerer zu erkennen, als das bei anderen Stimulantien der Fall ist. Beim Thema Koffein spricht man selten über die Kosten, man tut fast so als ob es die Super-Droge schlechthin wäre.

KOFFEIN BLOCKIERT ÜBER STUNDEN EINEN NEUROTRANSMITTER

Trotzdem denke ich, dass man in jedem Fall wissen sollte, wie Koffein wirkt.  Schließlich scheint es auf den ersten Blick gänzlich frei von Nachteilen zu sein. Hier gibt es etwas, das zucker- und fettfrei ist und null Kalorien enthält.

Koffein blockiert aber nicht zuletzt einen Neurotransmitter, das Adenosin, das schließlich dazu da ist unserem Körper jene Regeneration zu geben die er braucht.

> Mehr dazu: Koffein - der Nutzen, die Nebenwirkungen & die versteckten Kosten

3. BEHAUPTUNG: "PROTEINSHAKES DIREKT NACH DEM TRAINING MACHEN KEINEN SINN"

STIMMT IN DER (STUDIEN)THEORIE, ABER I DER SPORTLICHEN PRAXIS SUCH MAN NICHT ZULETZT NACH "LIFELIKE STANDARDS" ...

Viele Sportler greifen für den Muskelaufbau oder zur Regeneration direkt nach dem Sport zu Proteinshakes. Diese Praxis wird, unter anderem von Ernährungsgesellschaften, scharf kritisiert. Aber wer hat nun recht?

IST DER AUFNAHMEZEITPUNKT WIRKLICH EGAL?

Grundsätzlich haben Experten insofern recht, als das in Studien nicht nachgewiesen werden konnte, dass der Zeitpunkt der Proteinaufnahme - etwa für den Kraftzuwachs oder die Regeneration - relevant wäre. Wichtig ist vor allem die Gesamtproteinmenge, die man über den Tag verteilt aufnimmt.

ZUM REGENERIEREN: MIX AUS KOHLENHYDRATEN UND AMINOSÄUREN

Zum einen sollte man aber nach großen Belastungen keinen reinen Proteindrink zu sich nehmen, sondern auf einen Recoverydrink setzen, der aus Kohlenhydraten und Proteinen besteht. Hier geht es vor allem darum, die verbrauchte Energie zu ersetzen und damit die Regeneration zu unterstützen.

SPORTLER BENÖTIGEN "LIFELIKE STANDARDS"

Zum anderen muss man sich aber auch in den Sportler versetzen. Die empfohlene Proteinmenge für Sportler liegt etwa bei 1,5 bis 2 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht.

> Mehr dazu: Ein detaillierter Blick auf Regeneration & Muskelaufbau

Der Mix aus Kohlenhydraten und Proteinen nach dem Training ist deshalb auch eine Art Fixpunkt, ein Standard, der halt 20 bis 30 Gramm der täglich benötigten Proteine abdeckt. Die wenigsten Sportler haben einen Koch, der Menüs serviert, an denen Labels mit den enthalten Makronährstoffen angebracht sind und wo abends dann Bilanz gezogen wird. Oft geht es im Spitzensport um Einfachheit und um eingespielte Abläufe.

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BILD (C) Kate Allen

[1] Aird TP, Davies RW, Carson BP. Effects of fasted vs fed-state exercise on performance and post-exercise metabolism: A systematic review and meta-analysis. Scand J Med Sci Sports. 2018 May;28(5):1476-1493. doi: 10.1111/sms.13054. Epub 2018 Feb 23. PMID: 29315892.